Für gemeinwohlorientierte Unternehmen (auch als „Purpose-Driven Companies“ bezeichnet), die in gemeinsamen Projekten zusammenarbeiten, ist der Umgang mit geistigem Eigentum (IP) von zentraler Bedeutung. Eine effektive Verwaltung von IP-Rechten und -Pflichten in kollaborativen Projekten erfolgt oft durch Konsortialvereinbarungen (Consortium Agreements, CA). In diesem Beitrag werden wir beleuchten, was eine Konsortialvereinbarung ist, wann sie abgeschlossen werden sollte, welche Modelle verfügbar sind, welche IP-relevanten Regelungen getroffen werden müssen und wie Unternehmen diese Vereinbarungen nutzen können, um Innovation und Gemeinwohl zu fördern. Wir haben für Euch auch eine Vorlage als Entwurf für eine Konsortialvereinbarung bereitgestellt.

Was ist eine Konsortialvereinbarung?

Eine Konsortialvereinbarung ist ein rechtsverbindlicher Vertrag, der zwischen den Teilnehmern eines Projekts geschlossen wird, um ihre jeweiligen Rechte und Pflichten zu regeln. Dies betrifft unter anderem die Organisation der Zusammenarbeit, die Verteilung der Mittel, die Verwaltung von Ergebnissen und vor allem den Umgang mit geistigem Eigentum, das während des Projekts geschaffen wird.

Für gemeinwohlorientierte Unternehmen ist es entscheidend, dass eine Konsortialvereinbarung nicht nur den Schutz der eigenen IP sicherstellt, sondern auch soziale und ökologische Ziele unterstützt. Sie kann als Instrument dienen, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse des Projekts dem Gemeinwohl zugutekommen.

Wann sollte die Konsortialvereinbarung unterzeichnet werden und von wem?

Die Konsortialvereinbarung sollte idealerweise vor Beginn der Projektarbeiten und nach der Genehmigung der Fördermittel abgeschlossen werden. Alle beteiligten Parteien – ob Unternehmen, Forschungseinrichtungen oder gemeinnützige Organisationen – sollten die Vereinbarung unterzeichnen. Sie muss abgeschlossen sein, bevor finanzielle oder rechtliche Verpflichtungen aus den Projektaktivitäten entstehen, um Risiken zu minimieren.

Welche Modell-Konsortialvereinbarungen gibt es, und für welche Projekte sind sie geeignet?

Verschiedene Modelle für Konsortialvereinbarungen existieren, die je nach Art des Projekts und den spezifischen Anforderungen der Teilnehmer ausgewählt werden können. Bekannte Beispiele sind:

  • DESCA (Development of a Simplified Consortium Agreement): Dieses Modell ist vor allem für Forschungsprojekte im Rahmen des EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation, wie Horizon Europe, gedacht.
  • MCARD (Model Consortium Agreement for Research and Development): Ein allgemeinerer Ansatz, der oft in Industrie- und Forschungskooperationen verwendet wird.
  • EUCAR (European Council for Automotive R&D): Ein spezialisierter Vertrag für Projekte im Automobilsektor.

Jedes dieser Modelle bietet anpassbare Vorlagen, die den spezifischen Anforderungen und Zielen eines Projekts gerecht werden können, sei es in den Bereichen Technologieentwicklung, Nachhaltigkeit oder soziale Innovation.

Welche Themen sollte eine Konsortialvereinbarung abdecken?

Eine gut ausgearbeitete Konsortialvereinbarung sollte folgende Themen behandeln:

  • Governance: Wie werden Entscheidungen getroffen, und wie wird das Projektmanagement organisiert?
  • Finanzierung: Wie werden Kosten und Mittel aufgeteilt?
  • Geistiges Eigentum: Wer besitzt welche Rechte an den Ergebnissen, und wie werden diese Rechte verwaltet?
  • Vertraulichkeit: Wie wird mit vertraulichen Informationen umgegangen?
  • Haftung und Entschädigung: Wie werden Risiken und Verantwortlichkeiten verteilt?

Für gemeinwohlorientierte Unternehmen sollte der Aspekt der sozialen Verantwortung und der Weiterverwendung von Ergebnissen besonders betont werden, etwa durch Klauseln, die sicherstellen, dass Projektergebnisse öffentlich zugänglich gemacht oder in gemeinnützige Projekte reinvestiert werden.

Im Bereich IP: Welche GA-Regeln dürfen durch die CA nicht verletzt werden?

Das GA (Grant Agreement) setzt grundlegende rechtliche Rahmenbedingungen, die durch die Konsortialvereinbarung nicht ausgehebelt werden dürfen. Zu diesen zählen:

  • Ergebnisse (Results): Im Rahmen des Grant Agreements müssen die Rechte und Pflichten hinsichtlich der Nutzung und Verbreitung von Forschungsergebnissen klar geregelt sein. Die CA darf dies nicht ändern.
  • Zugang zu Hintergrundwissen (Access Rights): Das Grant Agreement definiert, welche Rechte die Projektpartner an vorbestehendem Wissen (Background IP) haben. Die CA darf diese Regelungen nicht einschränken.
  • Veröffentlichung und Verwertung: Die Bedingungen für die Veröffentlichung von Ergebnissen oder deren kommerzielle Verwertung dürfen nicht im Widerspruch zum GA stehen.

Im Bereich IP: Wo lässt das GA Flexibilität für die CA?

Das Grant Agreement bietet Raum für Anpassungen, insbesondere in den folgenden Bereichen:

  • Zugang zu Ergebnissen: Die CA kann präzisieren, wie und unter welchen Bedingungen Partner Zugang zu den im Projekt erarbeiteten Ergebnissen erhalten.
  • Verwertungsrechte: Die Partner können festlegen, wer die exklusiven oder nicht-exklusiven Rechte zur Verwertung der Projektergebnisse erhält.
  • Veröffentlichungspolitik: Es besteht Flexibilität in der Vereinbarung, wie Forschungsergebnisse verbreitet und veröffentlicht werden dürfen. Dies ist besonders relevant für Unternehmen, die Open-Access- oder Open-Source-Prinzipien befolgen möchten.

IP in der Konsortialvereinbarung als Werkzeug: Beispiele für Klauseln

Eine gut gestaltete CA kann den Umgang mit IP so regeln, dass Innovation und Gemeinwohl gefördert werden. Hier sind einige Beispielklauseln, die in Ihre Konsortialvereinbarung aufgenommen werden könnten:

  1. Lizenzierung von Ergebnissen: „Die Projektergebnisse werden unter einer Creative Commons-Lizenz (CC BY-NC) veröffentlicht, um sicherzustellen, dass sie für gemeinnützige Zwecke frei zugänglich sind.“
  2. Reinvestition von Erlösen: „Sollten Ergebnisse kommerziell verwertet werden, verpflichtet sich der Rechteinhaber, mindestens 30 % der Erlöse in soziale oder ökologische Projekte zu reinvestieren.“
  3. Zugang zu Hintergrundwissen (Background IP): „Alle Partner haben Zugang zu Hintergrundwissen, das für die Durchführung des Projekts notwendig ist. Der Zugang erfolgt unentgeltlich, sofern die Nutzung der Ergebnisse dem Gemeinwohl dient.“
  4. Publikationsverpflichtung: „Die Partner verpflichten sich, alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die während des Projekts gewonnen werden, innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Projekts über Open-Access-Plattformen zu veröffentlichen.“

Für gemeinwohlorientierte Unternehmen ist eine Konsortialvereinbarung nicht nur ein juristisches Erfordernis, sondern ein strategisches Instrument, um Innovationen im Einklang mit ihren Werten zu fördern. Sie schafft den Rahmen, um sicherzustellen, dass die geistigen Eigentumsrechte fair verteilt werden und gleichzeitig soziale, ökologische und ethische Ziele erreicht werden. Durch kluge Verhandlungen und die Verwendung spezifischer Klauseln kann die Konsortialvereinbarung ein wirksames Mittel sein, um den Nutzen von Forschung und Entwicklung dem Gemeinwohl zugutekommen zu lassen.


Entwurf einer Konsortialvereinbarung (Consortium Agreement)

Titel des Projekts:
[Name des Projekts]

Förderprogramm:
[Beispiel: Horizon Europe, Nationale Förderung, Private Förderung]

Konsortialpartner:
[Liste der beteiligten Organisationen/Unternehmen]

  1. [Name des Partners A]
  2. [Name des Partners B]
  3. [Name des Partners C]

Präambel

Diese Konsortialvereinbarung („CA“) wird zwischen den oben aufgeführten Partnern geschlossen, die sich im Rahmen des Projekts „[Name des Projekts]“ zusammenschließen. Das Ziel des Projekts ist es, innovative Lösungen für [Zweck des Projekts, z.B. soziale, ökologische, technologische Herausforderungen] zu entwickeln und diese im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen. Diese Vereinbarung regelt die Zusammenarbeit der Konsortialpartner, einschließlich der Verwaltung von geistigem Eigentum (IP), der Aufgabenverteilung, der finanziellen Mittel und der Veröffentlichung von Projektergebnissen.

Die Vereinbarung baut auf den Bestimmungen des Grant Agreements (GA) auf, dem alle Parteien zugestimmt haben, und berücksichtigt deren Pflichten und Rechte.

Artikel 1: Definitionen

  1. Projekt: Das Forschungs- und Innovationsvorhaben mit dem Titel „[Projektname]“.
  2. Ergebnisse: Alle während des Projekts entwickelten oder geschaffenen geistigen Eigentumsrechte, Patente, Designs, Software, Daten, Berichte, Prototypen und andere greifbare oder immaterielle Resultate.
  3. Background IP: Geistiges Eigentum, das vor Beginn des Projekts im Besitz eines Partners war und das für die Durchführung des Projekts genutzt wird.
  4. Access Rights: Das Recht der Partner auf Zugang zu Ergebnissen und Background IP im Rahmen der Projektdurchführung.

Artikel 2: Ziele und Verpflichtungen der Partner

2.1 Die Partner verpflichten sich zur Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Projektergebnisse im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen.
2.2 Jeder Partner bringt sein spezifisches Know-how ein und übernimmt Aufgaben, die im Arbeitsplan (Annex I) spezifiziert sind.
2.3 Die Partner verpflichten sich, die Ergebnisse des Projekts nach Möglichkeit öffentlich zugänglich zu machen und zur Förderung des Gemeinwohls beizutragen, z.B. durch Open-Access- oder Open-Source-Lösungen.

Artikel 3: Governance und Projektmanagement

3.1 Lenkungsausschuss: Ein Lenkungsausschuss wird eingerichtet, der für die strategische Leitung des Projekts verantwortlich ist. Jeder Partner hat einen Sitz im Ausschuss. Entscheidungen werden durch Konsens getroffen.
3.2 Projektleiter: Der Projektleiter wird von [Name des Partners] gestellt und ist verantwortlich für die operative Steuerung des Projekts.
3.3 Treffen und Berichterstattung: Der Lenkungsausschuss trifft sich mindestens einmal pro Quartal, um den Fortschritt des Projekts zu bewerten und über Anpassungen zu entscheiden.

Artikel 4: Finanzielle Bestimmungen

4.1 Kostenaufteilung: Die Projektkosten werden nach dem in Annex II festgelegten Budget verteilt. Jeder Partner trägt die Verantwortung für die in seinem Teilprojekt entstehenden Kosten.
4.2 Zahlungsfluss: [Name des Partners] fungiert als Finanzverwalter und verteilt die erhaltenen Fördermittel gemäß dem festgelegten Budget an die Partner.

Artikel 5: Geistiges Eigentum (IP)

5.1 Ergebnisse:
Alle Rechte an Ergebnissen, die durch die gemeinsame Arbeit der Partner entstehen, werden anteilig nach dem Beitrag jedes Partners vergeben. Ein genauer Mechanismus zur Verteilung der Rechte wird im Annex III festgelegt.

5.2 Lizenzierung und Verwertung:

  • Die Partner gewähren sich gegenseitig nicht-exklusive, gebührenfreie Lizenzen für die Nutzung der Ergebnisse innerhalb des Projekts.
  • Die Ergebnisse, die für gemeinnützige oder soziale Zwecke entwickelt wurden, werden unter einer Creative Commons-Lizenz (CC BY-NC-SA) veröffentlicht, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen getroffen werden.

5.3 Zugang zu Background IP:
Die Partner gewähren sich gegenseitig Zugang zu ihrem Background IP, das für die Durchführung des Projekts erforderlich ist. Dies erfolgt auf nicht-exklusiver Basis und ohne Lizenzgebühren, sofern die Nutzung im Einklang mit den Zielen des Projekts steht.

5.4 Veröffentlichung der Projektergebnisse:
Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, Berichte und andere Ergebnisse des Projekts werden so weit wie möglich in Open-Access-Journalen veröffentlicht. Bevor Veröffentlichungen erfolgen, müssen alle Partner der Veröffentlichung zustimmen, um sicherzustellen, dass keine vertraulichen Informationen preisgegeben werden.

5.5 Gemeinwohlklausel:
Sollten die Ergebnisse kommerziell verwertet werden, verpflichten sich die Partner, mindestens 30 % der Erlöse in soziale oder ökologische Projekte zu reinvestieren.

Artikel 6: Vertraulichkeit

6.1 Die Partner verpflichten sich, alle im Rahmen des Projekts erhaltenen vertraulichen Informationen, die ausdrücklich als vertraulich gekennzeichnet sind, nicht an Dritte weiterzugeben, es sei denn, es liegt eine vorherige schriftliche Zustimmung der betroffenen Partei vor.

Artikel 7: Haftung und Entschädigung

7.1 Jeder Partner ist für Schäden verantwortlich, die er Dritten im Zusammenhang mit dem Projekt zufügt, und verpflichtet sich, die anderen Partner von jeglichen Haftungsansprüchen freizustellen, die durch eigenes Verschulden entstehen.
7.2 Eine Haftungsobergrenze wird in Annex IV festgelegt.

Artikel 8: Laufzeit und Kündigung

8.1 Diese Konsortialvereinbarung tritt mit Unterzeichnung durch alle Parteien in Kraft und bleibt bis zur vollständigen Abwicklung des Projekts oder bis zu einer Auflösung durch Mehrheitsbeschluss des Lenkungsausschusses in Kraft.
8.2 Ein Partner kann nur mit Zustimmung der anderen Partner aus der Vereinbarung austreten und muss alle bestehenden Verpflichtungen erfüllen, bevor der Austritt wirksam wird.

Artikel 9: Streitbeilegung

9.1 Alle Streitigkeiten, die sich aus dieser Vereinbarung ergeben, sollen zunächst durch Verhandlungen zwischen den Partnern gelöst werden.
9.2 Falls keine Einigung erzielt wird, wird die Streitigkeit vor einem Schiedsgericht in [Ort] geklärt.

Unterschriften der Partner

[Unterschrift des Partners A]
[Unterschrift des Partners B]
[Unterschrift des Partners C]

Anhänge:

  • Annex I: Arbeitsplan und Aufgabenverteilung
  • Annex II: Budget und finanzielle Mittel
  • Annex III: Mechanismus zur Verteilung von IP-Rechten
  • Annex IV: Haftungsobergrenze
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