Mehr Tempo beim Gründen – Was der Koalitionsvertrag für Start-ups vorsieht
Es gehört zu den wiederkehrenden Ritualen jeder neuen Legislaturperiode: Der Ruf nach weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung und besseren Rahmenbedingungen für Gründerinnen und Gründer. Auch im Koalitionsvertrag 2025 nimmt die Förderung von Start-ups einen prominenten Platz ein. Das Dokument kündigt eine Vielzahl konkreter Maßnahmen an – von vereinfachten Gründungsprozessen über eine gezielte Kapitaloffensive bis hin zur Modernisierung der Verwaltung. Die Frage bleibt: Wird der Anspruch auch eingelöst?
Gründung in 24 Stunden – ambitioniertes Versprechen mit technischem Nachholbedarf
Eine der sichtbarsten Ankündigungen ist der sogenannte One-Stop-Shop für Unternehmensgründungen. Künftig sollen sich Unternehmen vollständig digital gründen lassen – inklusive notarieller Beurkundung und automatischem Datenaustausch mit Behörden. Das Ziel: Die Gründung eines Unternehmens in unter 24 Stunden. Der politische Wille scheint vorhanden. Doch in der Praxis fehlen vielerorts noch die technischen und rechtlichen Grundlagen, etwa für durchgängig digitale Signaturprozesse oder standardisierte Schnittstellen zwischen Registern, Ämtern und Finanzbehörden.
Der Deutschlandfonds – ein Förderversprechen mit Hebelwirkung
Mit dem „Deutschlandfonds“ plant die Bundesregierung ein großangelegtes Förderinstrument, das sich gezielt an Start-ups, Scale-ups und wachstumsstarke Mittelständler richtet. Ziel ist ein Gesamtvolumen von über 100 Milliarden Euro – gespeist durch öffentliche Mittel und privates Kapital. Ergänzt werden soll der Fonds durch eine Fortführung und Ausweitung der WIN-Initiative für Frühphasenfinanzierungen. Beides könnte helfen, den bislang fragmentierten Förderzugang in Deutschland zu konsolidieren – vorausgesetzt, die Prozesse bleiben transparent und für Unternehmen administrativ handhabbar.
Mehr Sichtbarkeit für Gründerinnen – aber reicht das?
Der Vertrag betont die gezielte Förderung von Gründerinnen. Programme zur besseren Kapitalversorgung, Netzwerkbildung und gezielten Begleitung sollen auf den Weg gebracht werden. Dass diese Perspektive ausdrücklich adressiert wird, ist politisch zu begrüßen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass weiblich geführte Start-ups nach wie vor deutlich geringere Anteile am Wagniskapital erhalten. In der Umsetzung wird entscheidend sein, ob diese Initiativen strukturell verankert und nicht auf symbolische Einzelförderung beschränkt bleiben.
Fachkräfteengpass trifft Innovationsanspruch
Mit der Einrichtung einer zentralen Work-and-Stay-Agentur soll der Zugang internationaler Fachkräfte erleichtert werden – inklusive digitalisierter Anerkennungsverfahren. Für technologiegetriebene Start-ups ist die internationale Rekrutierung oft entscheidend. Doch die Herausforderung liegt weniger in der rechtlichen Zulassung als in der praktischen Umsetzung. Ein wirksames System müsste alle relevanten Akteure – von Behörden bis Unternehmen – technisch vernetzen und operative Prozesse automatisieren.
Der Wandel zur digitalen Verwaltung – von der Theorie zur Infrastruktur
Der Koalitionsvertrag formuliert einen deutlichen Anspruch: Verwaltungsprozesse sollen künftig digital, antragslos und vernetzt funktionieren. Das sogenannte „Once-Only-Prinzip“ ist dabei zentral – also die einmalige Erfassung von Unternehmensdaten mit Weitergabe an alle zuständigen Stellen. Für Start-ups, die oft in mehreren Behördenbereichen gleichzeitig agieren, würde dies eine echte Entlastung bedeuten. Die Realität in den Kommunen zeigt jedoch: Der Weg dorthin ist lang – und nicht nur eine Frage der Software, sondern auch der föderalen Koordination.
Betrachtet man den Koalitionsvertrag insgesamt, zeigt sich ein ambitioniertes Reformprogramm. Viele der Vorhaben greifen bekannte Schwachstellen auf und skizzieren sinnvolle Lösungen. Entscheidend wird jedoch sein, ob die angekündigten Maßnahmen auch mit operativer Konsequenz umgesetzt werden. Ohne durchgehende Digitalisierung, klare Zuständigkeiten und Beteiligung der Praxis drohen selbst gut gemeinte Förderprogramme ihre Wirkung zu verfehlen.